Cholin

Cholin wurde früher auch als Vitamin B4 bezeichnet und ist für eine Reihe von Körperfunktionen nützlich. Es spielt beim Aufbau der Zellmembranen, als Neurotransmitter sowie für die Gesundheit der Leber eine nicht unwichtige Rolle. Doch wie wirkt es genau und welche positiven Eigenschaften weist es noch aus? Dieser Artikel widmet sich dem Thema auf Basis wissenschaftlicher Studien.

Artikel durch 40 anerkannte Studien verifiziert

Cholin – Informationen und Studien zu dem Vitamin

Aktuell bestehen in Deutschland noch keine offiziellen Empfehlungen für die tägliche Zufuhr von Cholin – daher ist es als Nahrungsergänzungsmittel hierzulande weniger beliebt. Studien belegen allerdings, dass adäquate Dosen von Cholin für eine optimale Leberfunktion und während der Schwangerschaft unverzichtbar sind. Darüber hinaus untersuchen Wissenschaftler, ob die Cholinverfügbarkeit im Mutterleib eventuell sogar die kognitiven Funktionen bis ins Erwachsenenalter hinein beeinflussen kann.

 

Was ist Cholin?

Chemisch gesehen handelt es sich bei Cholin um einen einwertigen Alkohol bzw. eine quartäre Ammoniumverbindung. Seinen Namen erhielt der Stoff vom altgriechischen Wort cholé (Galle), da er im Jahre 1849 zum ersten Mal in Schweinegalle nachgewiesen wurde. Bereits 1866 gelang es dem deutschen Chemiker Adolph Baeyer, das Cholin vollständig zu synthetisieren. Anders als fast alle Vitamine und bestimmte Fettsäuren, stellt Cholin für den menschlichen Organismus keinen essentiellen, sondern einen semi-essentiellen Nährstoff dar: Zwar kann der Körper geringe Mengen Cholin selbst herstellen, benötigt aber zur vollständigen Deckung seines Bedarfs zusätzlich die Zufuhr über die Nahrung. Ein Großteil des Cholins im Körper liegt in spezialisierten Fettmolekülen vor, den sogenannten Phospholipiden. Das Phosphatidylcholin (auch: Lecithin) ist der häufigste Vertreter dieser Stoffgruppe.

In synthetischer Form wird Cholin als Nahrungsergänzungsmittel verkauft oder als Therapeutikum gegen Leberschäden eingesetzt. Darüber hinaus kommt es in Kulturmedien für Pflanzen vor und dient in der Halbleiterproduktion als Reinigungsmittel für Wafer.

Wozu braucht der Mensch Cholin?

Cholin übt im menschlichen Körper verschiedene Funktionen aus [1]:

  • Als Bestandteil von Lecithin ist Cholin essentiell für den Aufbau sämtlicher Zellmembranen.
  • Cholin bildet in Form seines Essigsäureesters das Acetylcholin, einen der wichtigsten menschlichen Neurotransmitter. Acetylcholin regelt die Reizübertragung von Nerv zu Muskel und fungiert als Botenstoff im zentralen Nervensystem. Auf diese Weise trägt Cholin zur Muskelkontrolle und einem funktionierenden Gedächtnis bei.
  • Im Gallensekret bringt Cholin Nahrungsfette in eine Emulsion. Es sorgt zudem für den Abtransport von Triglyceriden aus der Leber. Darüber hinaus steigert es die Kapazität der Leber, den Organismus von Belastungen durch Medikamente, Alkohol, Schwermetalle oder Umweltgifte zu entlasten.
  • Cholin ist eine Quelle für Methylgruppen, die der Körper braucht, um die schwefelhaltige Aminosäure Methionin zu verstoffwechseln.

 

Cholin, Methionin und der Homocysteinstoffwechsel

Methionin ist eine schwefelhaltige Aminosäure, die für den menschlichen Organismus essentiell ist, ihm also über die Nahrung zugeführt werden muss. Sie kommt in größeren Mengen in Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten vor sowie, etwas weniger konzentriert, in Nüssen und Vollkornprodukten. Cholin spielt beim Methioninstoffwechsel eine entscheidende Rolle. Liegt ein Cholin-Mangel vor, führt eine gesteigerte Methioninaufnahme zu einem erhöhten Spiegel des Abbauproduktes Homocystein im Blut. [2] Dies wiederum stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung von Gefäß- und  Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Thrombosen, Arteriosklerose [3] und das Auftreten von Herzinfarkten dar.[4]

Homocystein wird im menschlichen Körper über zwei Wege durch Methylisierung zu Methionin zurückgewandelt – beide Prozesse senken den Homocysteinspiegel. [5] Für den ersten Weg benötigt der Organismus Vitamin B12 und Folsäure. Fehlen diese beiden Nährstoffe, kann dies einen erhöhten Homocysteinspiegel nach sich ziehen. [6] Für den zweiten Stoffwechselweg, innerhalb dessen Homocystein zu Methionin methylisiert wird, benötigt der Organismus Betain. [7] Diese Substanz kann er wiederum aus dem über die Nahrung zugeführten Cholin bilden. Ein Mangelzustand, der den einen Syntheseweg betrifft, wirkt sich daher auch auf den anderen aus. So kann ein Folsäuremangel einen Cholinmangel verursachen [8] und umgekehrt. [9]

Welche Dosis wird empfohlen?

Früher war Cholin auch als Vitamin B4 bekannt; heutzutage ordnet man es in die Klasse der vitaminähnlichen Substanzen ein. Wie hoch die angemessene Tagesdosis jedoch ausfallen sollte, konnten Wissenschaftler bislang nicht abschließend klären. Das amerikanische Food and Nutrition Board (FNB) veröffentlichte im Jahre 1998 seine Empfehlungen zur Cholinaufnahme und gab dabei sowohl die Größe einer ausreichenden Zufuhrmenge (adequate intake: AI) als auch einer unschädlichen Höchstmenge (tolerable upper intake level: UL) an. Als wichtigstes Kriterium für die Festsetzung des AI galt dabei die Vermeidung von Leberschäden.

Altermännlich, mg/Tag AI (UL)weiblich, mg/Tag AI (UL)
Säuglinge (0-6 Monate)125125
Säuglinge (7-12 Monate)150150
Kinder (1-3 Jahre)200 (1000)200 (1000)
Kinder (4-8 Jahre)250 (1000)250 (1000)
Kinder (10-13 Jahre)375 (2000)375 (2000)
Jugendliche (14-18 Jahre)550 (3000)400 (3000)
Erwachsene (19- 65 und älter)550 (3000)425 (3500)
Schwangere550 (3500)
Stillende550 (3500)

Die ausreichende Zufuhrmenge für Cholin beträgt nach aktuellem Erkenntnisstand etwa 7mg pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einem 75 kg schweren Mann ergibt das etwa 525 mg pro Tag. Innerhalb einer normalen Ernährung wird die angestrebte Menge zumeist von alleine erreicht.[10] Anders als das Food and Nutrition Board gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung aktuell keine Empfehlungen zur täglichen Cholinaufnahme heraus.

Jüngere Studien demonstrieren, dass innerhalb der Bevölkerung große Unterschiede im täglichen Cholinbedarf bestehen. Im Gegensatz zu Männern und postmenopausalen Frauen weist der Stoffwechsel prämenopausaler Frauen wahrscheinlich größere Kapazitäten auf, Cholin selbst zu synthetisieren.[38] Zudem beeinflusst die genetische Ausstattung den individuellen Cholinbedarf. Im Versuch setzten Wissenschaftler Versuchspersonen auf eine Diät mit <50mg Cholin pro Tag und kontrollierten über den Homocysteinspiegel und den Fettanteil der Leber, ob und wann ein Cholinmangel auftrat. War dies der Fall, erhöhten die Versuchsleiter die tägliche Dosis auf 137mg Cholin. Bei wiederauftretendem Mangel wurde der Cholingehalt der Nahrung schrittweise auf 275mg, 413mg und 550mg gesteigert. Im Ergebnis zeigte die Studie, dass Frauen vor der Menopause, die Träger eines bestimmten Gens sind (MTHFD1), mit fünfzehnfach erhöhter Wahrscheinlichkeit einen Cholinmangel erleiden wie Nicht-Trägerinnen des Gens. Zudem reichte sogar die empfohlene Dosis von 550mg Cholin für manche der männlichen Teilnehmer nicht aus – sie entwickelte darunter einen Mangelzustand.[11]

Cholinbedarf und Medikamente

Der Wirkstoff Methotrexat, der zur Behandlung von Schuppenflechte (Psoriasis), rheumatoider Arthritis und Krebs eingesetzt wird, beeinflusst den Folsäurestoffwechsel und damit mittelbar den Cholinbedarf. Methotrexat hemmt das Enzym Dihydrofolatreduktase und beschränkt auf diese Weise die Verfügbarkeit der Methyl-Gruppen von Folsäurederivaten. Im Tierversuch entstand bei Ratten unter der Gabe von Methotrexat ein Cholinmangel, der eine Fettleber verursachte.[12] Durch eine Cholinsupplementation konnten die Symptome wieder rückgängig gemacht werden. Personen, die Methotrexat einnehmen, sollten daher auf ihre Cholinzufuhr achten.

Cholingehalt verschiedener Lebensmittel

In Lebensmitteln kommt Cholin sowohl in freier als auch in gebundener Form vor. Letzteres tritt als Phosphatidylcholin (Lecithin) oder Sphingomyelin auf. Zum exakten Cholingehalt von verschiedenen Lebensmitteln liegen aktuell jedoch nur wenige Informationen vor. Folgende Lebensmittel sind erwiesenermaßen reich an Cholin[13]:

Lebensmittel (100g)Cholingehalt in Milligramm
Rinderleber418
Hühnerleber290
Eier251
Weizenkeime152
Speck125
Getrocknete Sojakerne116
Schweinefleisch103

Da die meisten cholinreichen Nahrungsmittel tierischen Ursprungs sind, vermuten Fachleute, dass insbesondere Vegetarier und Veganer gefährdet sind, einen Mangel zu erleiden. Das industrielle Hinzufügen von Lecithin in der Nahrungsmittelverarbeitung könnte wiederum eine Steigerung bis zu 115 mg in der täglichen Cholinaufnahme ausmachen. Lecithin ist zwar chemisch gleichbedeutend mit Phosphatidylcholin, die meisten Präparate enthalten allerdings nur etwa 13 Prozent des reinen Cholins. Somit würde eine Supplementierung mit 4,2 Gramm Lecithin der empfohlenen täglichen Mindestdosis von 550mg Cholin entsprechen.

Als Nahrungsergänzungsmittel sind in vielen Ländern Salze des Cholins erhältlich; z.B. Cholinchlorid oder Cholinbitartrat.

Überdosierung von Cholin

Extrem hohe Dosen von 10 bis 16 Gramm pro Tag rufen bei den Konsumenten einen fisch-ähnlichen Körpergeruch hervor. Eine übermäßige Produktion von Trimethylamin, einem Cholin-Metaboliten, verursacht diesen Effekt. Beim erhöhten Konsum von Phosphatidylcholin (Lecithin) entsteht im Allgemeinen kein übler Körpergeruch, da hierbei kaum Trimethylamin abfällt.

Darüber hinaus führt eine Überdosis Cholin zu Speichelfluss, Erbrechen und verstärktem Schwitzen.

In einer Studie bewirkten 7,5 g Cholin am Tag eine leichte Blutdrucksenkung bei den Konsumenten, die Schwindelgefühle erzeugen kann. Die Verbindung Cholin-Magnesium-Trisalicylat verursachte bei einer Menge von 3 g pro Tag eine Einschränkung der Leberfunktion, Tinnitus und Juckreiz. In diesem Fall schreiben die Forscher die Folgen jedoch eher dem Salicylat und nicht dem Cholin in der Verbindung zu.[14]

Die durch das FNB festgelegte tolerable Höchstmenge von bis zu 3,5 Gramm Cholin pro Tag orientiert sich vor allem an der Vermeidung niedrigen Blutdruckes und der Vorbeugung von schlechtem Körpergeruch. Die Maximaldosis wird dabei mit dem Hinweis angegeben, dass Personen mit Parkinson, Depressionen, Leber- und Nierenerkrankungen oder einer genetischen Erkrankung (Trimethylaminurie) eventuell ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen tragen, wenn sie ihre Cholinzufuhr auf die tolerable Höchstmenge (UL) steigern.

Cholinmangel

Aufgrund der vielfältigen Wirkungsfelder des Cholins im Organismus betrifft auch ein Mangelzustand diverse Bereiche: Er schränkt die Funktionen von Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse ein, führt zu Erinnerungsdefiziten und Wachstumsstörungen.[1] Ein Cholin-Defizit kann Muskelschäden verursachen[15] und sogar DNA-Schäden nach sich ziehen. Eine Studie ergab, dass eine cholinarme Ernährung in den peripheren Lymphozyten, Zellen des Immunsystems, den programmierten Zelltod (Apoptose) auslöste.[16] Cholinmangel lässt sich durch erhöhte Werte von Creatin-Kinase im Blut bestimmen.[15]

Wirkung von Cholin

Je nach Themengebiet bewegen sich die Studien zur Wirkung von Cholin auf unterschiedlichen Niveaus: Während Wissenschaftler etwa den Zusammenhang von Cholinmangel und Lebererkrankungen an menschlichen Probanden direkt nachweisen konnten, beschränken sich die Untersuchungen zum Einfluss von Cholin auf die vorgeburtliche Gehirnentwicklung bislang auf Tierversuche, deren Ergebnisse nur in begrenztem Maße auf den Menschen übertragbar sind.

Cholinmangel und Lebererkrankungen

Innerhalb des Fettstoffwechsels transportieren Lipoproteine (Chylomikronen) das mit der Nahrung aufgenommene Fett und Cholesterin zur Leber. Hier werden Fette mithilfe von Phosphatidylcholin zu VLDL-Lipoproteinen (very low density lipoprotein) umgewandelt, um sie zu den Geweben zu transportieren, die sie benötigen. Mangelt es an Phosphatidylcholin, sammeln sich Fette in der Leber an.[17]

  1. Cholinmangel erzeugt eine Fettleber
    Diverse Studienergebnisse zeigen, dass ein Cholinmangel direkt mit der Entwicklung einer Fettleber (Hepatosteatose) zusammenhängt.[18] Insbesondere Patienten, die über einen längeren Zeitraum intravenös ernährt werden, entwickeln aufgrund des niedrigen Cholingehalts der Nährlösung eine Hepatosteatose. Diese kann durch die Gabe von Cholin wieder rückgängig gemacht werden, bzw. durch eine Cholinsupplementation während der künstlichen Ernährung verhindert werden. Beobachtet wurde das Phänomen unter anderem in einer placebokontrollierten Studie, innerhalb derer eine Gruppe der künstlich ernährten Patienten 2 Gramm Cholinchlorid zusätzlich zur Nährlösung erhielten, während die Kontrollgruppe ein Placebo mit keinerlei Zusätzen verabreicht bekam. Die Entwicklung einer Fettleber wurde in CT-Scans des Organs nach 4 Wochen ausschließlich bei den Patienten der Kontrollgruppe sichtbar.[19]Zudem demonstrierten Forscher, dass bei Leberzellen innerhalb einer cholinarmen Umgebung der programmierte Zelltod (Apoptose), ausgelöst wurde.[20]

 

Cholin in der fetalen Entwicklung

Der wachsende Fötus wird über das Blut der Mutter mit Cholin versorgt. Die menschliche Plazenta ist eines der wenigen Gewebe abseits der Nervengewebe, die in der Lage sind, große Mengen Cholin in Form von Acetylcholin zu speichern. [21]

  1. Mütterliche Cholinaufnahme beeinflusst die kognitiven Fähigkeiten bis ins Erwachsenenalter
    Sowohl bei Mäusen als auch im Rattenmodell demonstrierten Wissenschaftler, dass die Cholinaufnahme der Mutter Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung des Fötus hat und somit lebenslange Konsequenzen nach sich zieht. [22] Mangelt es der Mutter an Cholin, führt dies beim Fötus zu einer verminderten Zellteilungsrate in den Regionen des Hippocampus und des Septums. Cholin übt damit einen Effekt auf die Hirnregionen aus, die für das Erinnern und das Lernen zuständig sind. [23] Der Einfluss der pränatalen Nährstoffzufuhr auf die Hirnentwicklung wird von Forschern als „metabolische Prägung“ bezeichnet. Im Falle von Cholin beeinflusst die ausreichende Versorgung im Fetalstadium die kognitiven Funktionen im Erwachsenenleben. [24] Ratten, deren Muttertiere während der Schwangerschaft zusätzlich Cholin erhielten, zeigten sich als Erwachsene fähiger in Tests die das Erinnerungsvermögen [25] und das räumliche Gedächtnis [26] beanspruchen.
  2. Cholinmangel als Risikofaktor für Neuralrohrdefekte
    Eine frühe Unterversorgung mit Cholin steht im Verdacht, bei ungeborenen Kindern einen Neuralrohrdefekt zu befördern. Diese Fehlentwicklung führt unter anderem zur Anenzephalie, einer unvollständigen Schließung der Schädeldecke, und zu Spina bifida, dem „offenen Rücken“. Der Defekt bildet sich zwischen dem 21. und 27. Tag der Schwangerschaft heraus; zu einem Zeitpunkt, an dem viele Frauen noch nicht wissen, dass sie ein Kind erwarten.Wissenschaftler befragten gut 400 Mütter, die ein Kind mit Neuralrohrdefekt auf die Welt gebracht hatten, sowie 400 Müttern gesunder Kinder nach ihrer Ernährung. Als Resultat ergab sich, dass eine Ernährung, die reich an Cholin, Methionin und Betain ist, das geringste Risiko für einen Neuralrohrdefekt beim Fötus darstellt. Hierbei trugen die Frauen, deren Cholinaufnahme sich im unteren Viertel des Gesamtspektrums der Befragten ansiedelte (unteres Quartil), ein 4-fach erhöhtes Risiko für ein Kind mit Neuralrohrdefekt. [27]

Cholin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Ein erhöhter Homocysteinspiegel stellt laut Studien einen eigenständigen Risikofaktor für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung dar. [3] Indem der Körper es zu Betain oxidiert, hilft Cholin beim Abbau von Homocystein: Anschließend steht eine Methylgruppe zur Verfügung, die mithilfe des Enzyms Betain-Homocystein-Methyltransferase (BHMT) das Homocystein wieder in die Aminosäure Methionin umwandeln kann.

In einer Studie an 26 gesunden Probanden reduzierte eine Cholinsupplementation den Homocysteinspiegel signifikant. [28] Denselben Effekt erzielte die Gabe von 1,7g bis 6g Betain pro Tag bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Kohortenstudie zum Arteriosklerose-Risiko, die 14430 Teilnehmer umfasste, konnte eine cholin- und betainreiche Kost allerdings nicht mit einem verringerten Erkrankungsrisiko assoziieren. [29]

Cholin und die Gedächtnisleistung

In einer doppelblinden placebokontrollierten Studie verabreichten Wissenschaftler einer Gruppe von 80 College-Studenten entweder 25g Phosphatidylcholin (entspricht 3.75g Cholin) oder ein Placebo. 90 Minuten nach der Einnahme wurde die Auswirkung auf die Gedächtnisleistung durch Lernaufgaben getestet. Dabei schnitten die Cholin-Probanden signifikant besser ab als die Placebogruppe.[30]

In einem weiteren Versuch verringerte eine Einzeldosis von 10g Cholinchlorid bei normalen Testpersonen signifikant die Zeitspanne, die sie für einen Wort-Lern-Test benötigten. [31]

In einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie an 95 Personen zwischen 50 und 85 Jahren erhielt die Hälfte der Probanden über einen Zeitraum von 3 Monaten 1000mg CDP-Cholin, eine Substanz, in der Cystein über einen Phosphorsäureester mit Cholin verknüpft ist. Die Einnahme von CDP-Cholin konnte das verbale Gedächtnis von Personen, die zu Anfang der Studie eine ineffiziente Gedächtnisleistung aufwiesen, deutlich verbessern. [32] Eine Gabe von 25g Phosphatidylcholin über 6 Monate konnte bei Alzheimerpatienten allerdings nur bescheidene Resultate erzielen.[33]

Cholin und Asthma

Innerhalb einer Studie, die die Wirkung von Cholin auf entzündliche Immunreaktionen untersuchte, behandelten Wissenschaftler die Hälfte von 76 Asthma-Patienten zweimal täglich mit 1500mg Cholin und die andere Hälfte mit der Standard-Pharmakotherapie. Nach 6 Monaten zeigte sich, dass die Cholingabe die Symptome der Erkrankung signifikant verbessern konnte. Cholin senkte die Spiegel der an Entzündungen beteiligten Zytokine Interleukin-4, Interleukin-5 und Tumornekrosefaktor-Alpha. Beide Behandlungswege reduzierten die Anzahl bestimmter weißer Blutkörperchen (eosinophile Granulozyten) und des Antikörpers Immunglobulin E. Cholin konnte die Bildung von Leukotrienen unterdrücken, die ebenfalls im Zusammenhang mit allergischen und entzündlichen Reaktionen stehen. Darüber hinaus minderte es den Isoprostan-Konzentration, einen weiteren Marker für oxidativen Stress. [34]

Östrogen unterstützt die körpereigene Cholin-Synthese

Neben der Aufnahme von Cholin über die Nahrung besitzt der menschliche Organismus die Fähigkeit, es aus Phosphatidylethanolamin über das Enzym Phosphatidylethanolamin-N-Methyltransferase selbst herzustellen. Dieser Prozess wird auch als De-novo-Synthese bezeichnet. Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Stoffwechselweg bei Männern und Frauen unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

  1. Östrogen steigert De-novo-Synthese von Cholin bei Mäusen
    Im Vergleich von männlichen und weiblichen Ratten beobachteten Forscher, dass die weiblichen Tiere weniger empfindlich auf cholinarme Nahrung reagierten.[35] Zudem konnten weibliche Mäuse mehr Phosphatidycholin synthetisieren als männliche Mäuse.[36] Das Vorhandensein von Östrogen scheint in ihrem Fall die körpereigene Synthese zu steigern.[37]
  2. De-novo-Synthese trägt zur Sicherung der Cholinversorgung in der Schwangerschaft bei
    Diese Hypothese erklärt zudem die unterschiedliche, geschlechts- und altersspezifische Empfindlichkeit auf cholinarme Nahrung bei menschlichen Versuchsteilnehmern: Unter cholinarmer Kost entwickelten 80 Prozent der postmenopausalen Frauen, 77 Prozent der Männer aber nur 44 Prozent der prämenopausalen Frauen Symptome eines Cholinmangels (z.B. eine Fettleber oder Muskelschäden).[38] Im Stadium der höchsten Östrogenkonzentration, der Schwangerschaft, trägt die körpereigene Synthese somit maximal zur Verfügbarkeit von Cholin bei. Eine ausreichende Cholinzufuhr in der Schwangerschaft ist zum einen für die Gehirnentwicklung des Fötus entscheidend [22], zum anderen zur Stabilisierung des Homocysteinspiegels der Mutter. [39] Einen erhöhten mütterlichen Homocysteinspiegel setzen Studien mit einer gesteigerten Rate von Herzfehlern bei Neugeborenen in Verbindung. [40]

Quellenangaben

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