Guarana

Die Früchte der „Koffein-Liane“ Guarana gelten als Superfood, welches neben Koffein noch eine ganze Menge anderer positiver Eigenschaften zu bieten hat. Doch ist dies nur geschicktes Marketing oder steckt mehr hinter der Wirkung von Guarana? Dieser Artikel geht der Frage auf Basis wissenschaftlicher Studien genauer auf den Grund.

Artikel durch 25 anerkannte Studien verifiziert

Guarana – eine Wunderpflanze?

Guarana ist vor allem in Zusammenhang mit trendigen Wachmachern wie Energydrinks bekannt. Dabei steht sein hoher Anteil an gut verträglichem Koffein im Vordergrund. Daneben wird die Pflanze aus dem Amazonasgebiet auch in der Kosmetikbranche eingesetzt, Inwiefern sie für medizinische Zwecke verwendbar ist, ist noch nicht umfassend geklärt. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass Guarana zum Beispiel bei der Behandlung von Krebserkrankungen sinnvoll eingesetzt werden könnte. Andere Behauptungen, mit denen Guarana-Produkte häufig beworben werden, halten einer näheren Überprüfung dagegen nicht stand.

Was ist Guarana?

Bei Guarana handelt es sich um eine Pflanze aus der Familie der Seifenbaumgewächse, die auch als „Koffein-Liane“ bezeichnet wird. Ursprünglich beheimatet ist sie im Amazonasgebiet, mittlerweile wird die Anzucht aber auch in anderen Gebieten Südamerikas erfolgreich betrieben.

Verwendung finden die kleinen roten Früchte der Liane. Deren Samen enthalten neben diversen Eiweißen, Stärke und Fetten eine hohe Konzentration an Koffein. (1) Mittlerweile widmet sich die medizinische Forschung aber auch verstärkt anderen Inhaltsstoffen von Guarana. (2) In Südamerika hat der Konsum von Guarana zur Gewinnung von Energie     eine lange Tradition.   In Europa ist die Pflanze vor allem durch ihren Einsatz in Energy- und Sportlerdrinks bekannt geworden. (3)

Interessante Inhaltsstoffe für den Menschen

Wie bereits angesprochen enthält Guarana verhältnismäßig viel Koffein, mit rund 4 – 6 % mehr als Kaffee oder Tee. Das Besondere daran ist, dass dieses durch die ebenfalls reichlich enthaltenen Gerbstoffe langsam freigesetzt wird, sodass sich seine Wirkung über einen längeren Zeitraum hinweg entfaltet. Das bedeutet, dass Guarana gleichzeitig länger und sanfter wirkt als Kaffee – vorausgesetzt man übertreibt es nicht mit der Dosierung.

Weitere Inhaltsstoffe von Guarana sind:

  • Tannine (mehr als 12 %)
  • Catechin (6 %)
  • Epicatechin (3%)
  • Theobromin (0,02 – 0,04 %)
  • Theophyllin (0 – 0,25%)
  • Saponine, Stärke und Mineralstoffe (3 – 4 %)
  • Wasser (6 – 8 %) (4)

Neben dem Koffein wird auch Theobromin und Theophollin oftmals ein anregender Effekt zugesprochen, eine Behauptung, die allerdings nicht unwidersprochen ist. (5) Saponine haben eine entwässernde Wirkung und stützen überdies das Immunsystem. (6)

Bei der Dosierung von Guarana-Pulver ist übrigens Vorsicht geboten. 20 g reines Guarana in einem kurzen Zeitraum gelten als Überdosierung. Dann treten die gleichen Symptome auf wie bei zu viel Kaffee, also Nervosität, Zittern, Kopf- und Muskelschmerzen. Auch ist Guarana nicht für Schwangere und Stillende geeignet und Menschen mit hohem Blutdruck sollten ebenfalls lieber Abstand davon nehmen.

In welcher Form wird Guarana konsumiert?

Guarana ist in den verschiedensten Formen erhältlich, vor allem als:

  • Pulver
  • Kapseln
  • Tabletten

Daneben gibt es eine Reihe von Produkten, die mit Guarana angereichert sind. Dazu zählen neben Energydrinks auch Süßigkeiten wie Schokolade. Guarana schmeckt ursprünglich eher herb, dies ist jedoch nach der Verarbeitung in Energydrinks und Co. in der Regel nicht mehr erkennbar.

Wirkung von Guarana

Im Vordergrund beim Einsatz von Guarana steht sein stimulierender Effekt. Daneben wird Guarana als Schlankmacher und als Inhaltsstoff von Kosmetika angepriesen. Doch welche Meinung hat die medizinische Forschung von dem Potenzial des pflanzlichen Wachmachers?

Guarana als Energielieferant

Die wachmachende Wirkung von Guarana wurde lange vor allem dem enthaltenen Koffein zugeschrieben. Da dieses langsam freigesetzt wird, hält seine Wirkung länger an als bei Kaffeegenuss. Außerdem ist das Koffein in Guarana sehr gut verträglich. Mittlerweile weisen Forscher vermehrt darauf hin, dass die weiteren Inhaltsstoffe von Guarana seine stimulierende Wirkung zusätzlich verstärken. (7) (8)

Neurologische Effekte von Guarana

In der Werbung wird Guarana gerne als ein wahres Wundermittel angepriesen, das nicht nur wachmacht, sondern auch die geistige Leistungsfähigkeit fördert und die Stimmung verbessert. Wissenschaftliche Forscher sind in dieser Hinsicht zurückhaltender. Allerdings scheint Guarana tatsächlich einige positive Effekte in neurologischer Hinsicht zu haben.

  1. Guarana entfaltet möglicherweise positive Auswirkungen auf die geistige Leistungsfähigkeit

    Was den Effekt von Guarana auf kognitive Fähigkeiten betrifft, kommen Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen. So verzeichneten zwei ältere Untersuchungen zur akuten und langfristigen Einnahme von Guarana keinerlei erkennbare Resultate. (9) (10) Im Gegensatz dazu steht eine 2004 veröffentlichte Studie, die Verbesserungen vor allem des Gedächtnisses und der geistigen Reaktionsfähigkeit nach der Einnahme von Guarana feststellte, die sich nicht allein auf das enthaltene Koffein zurückführen lassen. (11)

  2. Effekte bei Depressionen

    Versuche an Ratten deuten darauf hin, dass Guarana die Stimmung positiv beeinflussen und gegen Depressionen und Angstzustände wirken kann. Auch das scheint nicht primär auf den Koffeingehalt zurückzuführen zu sein. (12) (13) Die antidepressive Wirkung von Guarana fällt demnach größer aus als die vieler anderer pflanzlicher Stoffe.

  3. Zellschutz
    Geringe Dosen von Guarana haben eine zellschützende Wirkung. Erstaunlicherweise scheint dieser Effekt bei höheren Gaben nicht mehr gegeben. Warum dies so ist, ist noch zu klaren. (14)

Wirkungen im Herz-Kreislauf-System

Wie unter anderem Kaffee hat Guarana Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem. Auch diese sind allerdings noch nicht erschöpfend erforscht.

  1. Positive Auswirkungen auf die LDL-Oxidation und Cholesterol
    Der Konsum von Guarana schützt bis zu einem gewissen Grad vor der Oxidation von LDL (Low-Density-Lipoproteine), die wiederum eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung von Arteriosklerose spielt. (15) Eine Untersuchung von älteren Menschen im Gebiet des Amazonas, die regelmäßig Guarana zu sich nahmen, kam zu dem Schluss, dass ein solcher Konsum vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen kann. Unter anderem wurde bei den betreffenden Personen ein niedrigerer Cholesterolspiegel festgestellt. (16)

Guarana als Schlankmacher

Energydrinks mit Guarana sind nicht nur als Stimulanzien beliebt, sondern auch, weil sie als Schlankmacher verkauft werden. Solche Aussagen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen.

  1. Ankurbeln der Fettverbrennung ist auf das Koffein zurückzuführen
    In Untersuchungen mit Ratten ließ sich tatsächlich feststellen, dass Guarana- Konsum die Fettverbrennung ankurbelte und sich positiv auf das Gewicht der Tiere auswirkte. (17) Jedoch ist dieser Effekt wohl allein auf das enthaltene Koffein zurückzuführen, (18) was Guarana keine besondere Stellung als „Schlankmacher“ verleiht.

Guarana und Krebs

Auch bei Krebs findet Guarana bereits Anwendung, vor allem um die Begleiterscheinungen von strapaziösen Behandlungen zu lindern.

  1. Guarana lindert Begleiterscheinungen im Rahmen einer Chemotherapie
    Ob sich der stimulierende Effekt von Guarana nutzen lässt, um Erschöpfungszustände bei Patienten, die eine Chemotherapie durchlaufen, zu verbessern, ist strittig. Eine Studie mit Frauen, die an Brustkrebs litten, kam in diesem Zusammenhang zu ermutigenden Ergebnissen, (19) ebenso wie eine weitere Untersuchung bei Patienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen. (20) Demgegenüber steht eine Studie, die im Rahmen einer Radiotherapie keine solchen positiven Effekte verzeichnete. (21)
  2. Guarana kann Appetitlosigkeit bei Krebspatienten verbessern
    Eine fortgeschrittene Krebserkrankung führt bei vielen Betroffenen dazu, dass diese den Appetit verlieren. Eine 2016 veröffentlichte Studie liefert deutliche Hinweise darauf, dass die Verabreichung von Guarana diesen Zustand bessern und dem damit einhergehenden Gewichtsverlust entgegenwirken kann. (22)
  3. Guarana hemmt das Wachstum von Tumorzellen
    Auch direkt bei der Behandlung von Tumorerkrankungen ist Guarana effizient. So verzeichneten mehrere wissenschaftliche Studien einen wachstumshemmenden Effekt auf Tumorzellen. (23) Außerdem ergab ein Tierversuch mit Mäusen, denen N-Nitrosodimethylamin injiziert worden war, dass Guarana Schäden an der DNA verringern kann. (24)

Guarana und Kosmetik

Guarana liegt im Trend in der Kosmetik. Vor allem Produkte, die zu einem besseren Hautbild führen sollen, enthalten häufig die Samen der südamerikanischen Pflanze. Inwieweit Konsumenten davon profitieren, ist jedoch umstritten.

  1. Positiver Effekt auf das Hautbild nicht bewiesen
    Zwar zeigte die Verabreichung einer Pflege mit Guarana positive Auswirkungen auf das Hautbild von Männern, doch wurde dies von den Machern der betroffenen Studie vor allem dem ebenfalls enthaltenen Kreatin zugeschrieben. (25) Ob Guarana allein zu signifikanten Unterschieden führt, ist bislang noch nicht erforscht.

Quellenangaben

1

Schimpl FC, Kiyota E, Mayer JL, Gonçalves JF, da Silva JF, Mazzafera P5. Molecular and biochemical characterization of caffeine synthase and purine alkaloid concentration in guarana fruit. Phytochemistry. 2014 Sep;105:25-36. PubMed PMID: 24856135

2

Schimpl FC, da Silva JF, Gonçalves JF, Mazzafera P. Guarana: revisiting a highly caffeinated plant from the Amazon. J Ethnopharmacol. 2013 Oct 28;150(1):14-31. PubMed PMID: 23981847

3

Smith N, Atroch AL. Guaraná’s Journey from Regional Tonic to Aphrodisiac and Global Energy Drink. Evid Based Complement Alternat Med. 2010 Sep;7(3):279-82. PubMed PMID: 18955289

4

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5

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6

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7

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8

McLellan TM, Lieberman HR. Do energy drinks contain active components other than caffeine? Nutr Rev. 2012 Dec;70(12):730-44. PubMed PMID: 23206286

9

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10

Galduróz JC, Carlini EA. The effects of long-term administration of guarana on the cognition of normal, elderly volunteers. Sao Paulo Med J. 1996 Jan-Feb;114(1):1073-8. PubMed PMID: 8984582

11

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12

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14

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16

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