Heilfasten

Der Begriff Heilfasten suggeriert, dass eine zeitlich begrenzte Fastenkur in der Ernährung als gesund zu bezeichnen ist. Doch ist diese landläufige Ansicht eigentlich richtig? Dieser Artikel soll auf Basis wissenschaftlicher Studien genauer aufzeigen, ob Heilfasten tatsächlich gesund ist und ob Betroffene damit abnehmen können.

Artikel durch 33 anerkannte Studien verifiziert

Heilfasten - Informationen und Studien zur Fastenkur

Ob im Ramadan oder vor dem Osterfest – Fasten bildet seit Jahrtausenden eine Grundlage religiöser Rituale. Das Konzept des freiwilligen Verzichts auf Nahrung, um die Gesundheit zu stärken, ist dagegen relativ neu. Können aktuelle Erkenntnisse der Wissenschaft die positiven Effekte des Heilfastens bestätigen, oder macht allein der Glaube hier die Wirkung aus?

Was versteht man unter Heilfasten?

Heilfasten beschreibt eine begrenzte Phase des Nahrungsverzichtes, die nicht religiös motiviert ist, sondern der Verbesserung des Gesundheitszustandes dienen soll. Im deutschsprachigen Raum blicken Fastenkuren auf eine beinahe 100 Jahre währende Tradition zurück: Nachdem er selbst durch eine Kur von seiner rheumatischen Arthritis genesen war, gründete der Arzt Otto Buchinger im Jahre 1920 die erste Fastenklinik im hessischen Witzenhausen.

Heutzutage unterscheidet man diverse Varianten des Heilfastens:

  • Bei der X. Mayr-Kur, benannt nach dem österreichischen Arzt Franz Xaver Mayr, verzehren die Fastenden begrenzte Mengen altbackener Semmeln und Milch.
  • Das Buchinger-Heilfasten basiert auf Säften, Gemüsebrühe, Tee und Honig. Hierbei führen die Teilnehmer ihrem Körper jeden Tag eine begrenzte Menge an Energie zu (200 bis 500 kcal pro Tag).
  • Die Markert-Diät besteht aus Gemüsebrühe, Säften und Proteinkonzentraten.
  • Saftfasten erlaubt ausschließlich den Konsum von Obst- und Gemüsesäften.
  • Im Rahmen des modifizierten Fastens beugen Buttermilch und spezielle Eiweißkonzentrate einem hohen Verlust von körpereigenem Protein vor.[1]
  • Beim Molkefasten dürfen die Teilnehmer neben Obstsaft und Wasser täglich bis zu einem Liter Molke trinken.
  • Teefasten gestattet neben Wasser lediglich ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Da die Energiezufuhr hierbei gegen Null tendiert, sollten sich ausschließlich gesunde Menschen dem Programm unterziehen.

Viele Fastenkuren werden durch verdauungsfördernde Maßnahmen wie Leberwickel und Einläufe unterstützt. Auch die Anregung des Kreislaufs durch Wechselduschen, Trockenbürsten und körperliche Bewegung bildet einen essentiellen Teil der Programme.

Körperliche Vorgänge beim Heilfasten

Aufgrund der Kalorienrestriktion stellt sich der Organismus von Fastenden im Verlauf mehrerer Tage auf den Zustand des Hungerstoffwechsels (Katabolismus) um. Dabei sinken Grundumsatz, Herzfrequenz, Blutdruck und Körpertemperatur.[2] In Ermangelung von Nahrungskalorien mobilisiert der Körper eigene Reserven zur Energieversorgung. Ein männlicher Erwachsener verliert während einer Nulldiät täglich etwa 75 Gramm Muskelprotein und 160 Gramm Fett. Durch den Abbau von Fettsäuren synthetisiert der Organismus Ketonkörper wie Acetoacetat (auch: Acetacetat) und β-Hydroxybutyrat bzw. 3-Hydroxybutyrat. Sie bieten insbesondere für das Gehirn und die Erythrozyten die einzige alternative Energiequelle zu Kohlenhydraten. Innerhalb der Ketogenese entsteht auch Aceton, welches den charakteristischen fruchtig-alkoholartigen Atemgeruch von Fastenden und unterzuckerten Diabetikern verursacht.

Durch den Abbau von Proteinen steigen in Blut und Urin die Konzentrationen von Ammoniak und Harnsäure an. Letzteres kann die Entstehung von Blasen- und Nierensteinen fördern.

Insgesamt stellt der Katabolismus eine Belastung für den Organismus dar. Die gegenläufige Vorstellung, Fasten würde den Körper „entschlacken“, entwickelte einst Otto Buchinger innerhalb seiner damaligen wissenschaftlichen Grenzen. Heutzutage wissen Mediziner, dass sich im gesunden Organismus keinerlei Abfallprodukte ansammeln, die durch Fasten oder Darmspülungen entfernt werden müssen.[3] Vielmehr entstehen im katabolen Zustand erst Stoffwechsel-Endprodukte (Ketone, Harnsäure), derer sich der Körper mit seinen natürlichen Mechanismen entledigen muss.

Eine mehrtägige Fastenkur ist deshalb allein für gesunde Personen geeignet. Folgende Personengruppen sollten nicht oder nur nach Rücksprache mit ihrem Hausarzt fasten:

  • Schwangere
  • Stillende
  • Personen mit Anorexia nervosa in der Vorgeschichte
  • Kinder
  • Menschen mit Blutungsneigung
  • Diabetiker (Typ 1)
  • Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion
  • Psychisch Erkrankte
  • Personen mit Nierenkrankheiten [4]

Abnehmen mit Heilfasten

Eine Fastenkur erleben viele Menschen als spirituelles Erlebnis, als eine wertvolle Erfahrung des Verzichts und als Gelegenheit, seine Prioritäten im Leben zu überprüfen. Diese subjektiven psychologischen Aspekte betonen kommerzielle Fastenkliniken häufig in Internetauftritten und Werbebroschüren. Darüber hinaus bietet eine Fastenphase zweifelsohne einen guten Anlass, im Anschluss einen bewussteren Lebensstil zu pflegen und sich gesünder zu ernähren. Wie geeignet Heilfasten für das Erreichen eines Gewichtsverlustes ist, diskutieren Fastenanhänger und Mediziner allerdings kontrovers.

Insbesondere Langzeitstudien stellen den gängigen Fastenkuren ein schlechtes Zeugnis für einen dauerhaften Gewichtsverlust aus, insbesondere im Vergleich mit einer kalorienreduzierten Mischkost: Während die Fastenteilnehmer innerhalb der 3-wöchigen Kur im Durchschnitt 5,9kg Körpergewicht abnahmen, verloren die Teilnehmer der Reduktionsdiät nur 3,9kg. Bei einer Langzeitkontrolle nach knapp 7 Jahren hatten die ehemaligen Fastenden jedoch ihr Ursprungsgewicht wieder erreicht und sogar um durchschnittlich 0,5kg überschritten. Die Personen der Diätgruppe nahmen im Verlauf der Jahre ebenfalls wieder zu, wogen allerdings zum Zeitpunkt der 7-Jahres-Kontrolle noch durchschnittlich 2,5kg weniger als vor Studienbeginn.[5]

Zusätzliches Ausdauertraining steigert den Fettmasseverlust von Fastenden zusätzlich (von 5,9 auf 8,1 kg in 28 Tagen). Der Verlust von Muskelprotein fällt unter diesen Bedingungen weniger stark ins Gewicht – er wuchs für männliche Fastenkurteilnehmer von 1000g auf 1130g innerhalb eines Monats an.[6]

 

Dass Menschen nach einer Phase der Kalorienrestriktion einen immensen Appetit entwickeln und durch übermäßigen Nahrungskonsum (Hyperphagie) das abgenommene Körpergewicht in kurzer Zeit  wiedererlangen, demonstrierten bereits das bekannte Minnesota Starvation Experiment[7] im Jahre 1944 sowie Untersuchungen von ehemaligen Kriegsgefangenen.[8]

Heutzutage gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Anteile von Fettmasse und fettfreiem Gewebe im Körper über ein hormonelles Feedback-System reguliert werden. Der Organismus „merkt“ sich quasi seine ursprüngliche Zusammensetzung und versucht, diese nach der Hungerperiode wieder herzustellen.[9] Dieses Phänomen erklärt den charakteristischen Heißhunger nach einer Fastenkur und den anschließenden Jo-Jo-Effekt.

Gegen die das Fasten begleitenden akuten Hungergefühle erwies sich die Aminosäure L-Carnitin als wirksam. Fastende, die täglich 4 Gramm der Substanz intravenös erhielten, beklagten sich gegenüber Kontrollpersonen signifikant weniger über das Gefühl des „Fastentiefs“.[10] Die ergänzende Einnahme von Mineralstoffen scheint zumindest bei kurzer Fastendauer keine Vorteile zu haben. In einer nichtrandomisierten Studie fasteten 209 Patienten 7 Tage lang, wobei die Hälfte der Personen zusätzliche Mineralstoffe einnahm. In beiden Gruppen zeigten sich dieselben Effekte: eine leichte Verschlechterung der Stimmung und des Wohlbefindens am 3. und 4. Fastentag, verbunden mit Hungergefühlen, insbesondere am Abend. Die Supplementierung konnte den charakteristischen Nebenwirkungen des Fastens an dieser Stelle nicht vorbeugen.[11]

Wirkung von Heilfasten

Eine begrenzte Anzahl von Studien beschreibt die Heilwirkung von Fasten auf rheumatische Erkrankungen, erhöhten Blutdruck[12], chronische Krankheiten der inneren Organe und chronische Schmerzen.[13]

Kritisch zu hinterfragen ist, ob es sich dabei allein um Kurzzeiteffekte handelt; wie auch die Fastenphase nur ein zeitlich begrenztes Aussetzen der Nahrungsaufnahme ist. Fachleute bemängeln, dass kaum Studien zur Langzeitwirkung von Heilfasten durchgeführt werden – ein Großteil der vorliegenden Daten stammt aus der Buchinger-Wilhelmi-Fastenklinik, einem kommerziellen Unternehmen in Überlingen.[14]

Fasten und rheumatische Erkrankungen

Obgleich der Heilfasten immer wieder als wirksame Therapie einer rheumatoiden Arthritis diskutiert wird, erkannte eine Review zum Thema nur 4 von 31 zwischen 1966 und 1997 durchgeführten Untersuchungen als themenrelevant an. Einzig die ausgewählten Untersuchungen dokumentierten Langzeiteffekte innerhalb eines Zeitraumes von mindestens drei Monaten.[15]

  1. Fasten verbessert die Symptome rheumatoider Arthritis auch langfristig
    Innerhalb einer der relevanten Studien unterzogen sich 27 Teilnehmer einem vierwöchigen Aufenthalt in einer Kurklinik. Sie absolvierten eine Fastenkur von 7 Tagen, gefolgt von 3.5 Monaten veganer und glutenfreier Kost. Für insgesamt ein Jahr befolgten die Versuchspersonen einen laktovegetarischen Speiseplan. Die Kontrollgruppe von 26 Personen hielt sich anfänglich in derselben Kurklinik auf wie die Fastenden, durfte jedoch essen, was sie wollte. Bezogen auf die rheumatoide Arthritis erzielte die Fastengruppe signifikante Verbesserungen bei der Beweglichkeit, sie litt weniger unter geschwollenen und schmerzenden Gelenken sowie Gelenksteifheit am Morgen. Die Entzündungsparameter wie Leukozyten, CRP und Blutsenkung hatten sich messbar verbessert. In der Kontrollgruppe hingegen verminderte sich allein das Schmerzempfinden. Alle positiven Effekte in der Fastengruppe konnten noch ein Jahr nach der Kur beobachtet werden.[16]
  2. Fasten reduziert Schmerzen bei Arthrose

    In einer prospektiven unkontrollierten Pilotstudie unterzogen deutsche Wissenschaftler 30 Probanden mit Arthrose in Hand-, Hüft- und Kniegelenken einer 8-tägigen Fastenkur nach Buchinger. Sowohl im direkten Anschluss an die Fastenphase als auch im Abstand von 4 und 12 Wochen dazu, besserten sich die Symptome der Teilnehmer signifikant. Schmerzen verringerten sich und die Patienten konnten den Verbrauch von Schmerzmitteln reduzieren. Zudem wiesen die Probanden eine gesteigerte Gelenkfunktion und eine bessere Gesamtbefindlichkeit auf. Erwartungsgemäß reduzierten sich auch der Body-Mass-Index und der Bauchumfang der Teilnehmer durch die Fastenkur. Die Forscher weisen selbst darauf hin, dass es zunächst größer angelegten randomisierten Studien bedarf, um den Effekt zu überprüfen.[17]

  3. Fasten beweist keinen Langzeiteffekt bei Fibromyalgie
    In einer kontrollierten, nicht randomisierten Pilotstudie verglichen Berliner Forscher einen integrativen Behandlungsansatz inklusive Fastenkur mit der konventionellen Therapieform bei Fibromyalgie. Nach 14-tägigem Krankenhausaufenthalt konnten sich die Fastenkur-Patienten gegenüber der Kontrollgruppe über signifikante Verbesserungen im FIQ-Score (Fibromyalgia Impact Questionnaire) freuen. Schmerzen, Depressionen und Ängste nahmen messbar ab. Die Vorteile gegenüber der konventionellen Therapie nivellierten sich jedoch bei der Kontrolluntersuchung nach 12 Wochen.[18]

Fasten und das Hormonsystem

Das Fasten insbesondere den Status der Stresshormone verändert, beobachteten Wissenschaftler an Testpersonen mit chronischen Schmerzen. 22 Studienteilnehmer nahmen an einer 7-tägigen Fastenkur teil, während 6 Kontrollpersonen einem vegetarischen Ernährungsplan folgten. Der Urintest ergab für die Fastengruppe einen Anstieg von Adrenalin (von 1.5 auf 3.4 Mikrogramm pro Milliliter), Cortisol (26.1 auf 40.7 Mikrogramm pro Milliliter) und Noradrenalin (17.8 auf 27.8 Mikrogramm pro Milliliter). Die Kontrollpersonen zeigten keine Veränderung im Hormonstatus. In beiden Gruppen erfuhren die Teilnehmer eine Verbesserung ihres Wohlbefindens, das jedoch nicht signifikant war.[19]

Eine signifikante Senkung des Serumspiegels von Adrenalin und Noradrenalin konnte bei fastenden Patienten erst ab dem 16. Tag festgestellt werden.[20] Dies wiederum übt einen senkenden Effekt auf den Blutdruck aus.

Fasten bei Bluthochdruck

In einer Studie an 174 Teilnehmern demonstrierten amerikanische Wissenschaftler den blutdrucksenkenden Effekt einer medizinisch überwachten Fastenkur. Personen, die einen Blutdruck von mehr als 140/90 mmHg aufwiesen, konnten diesen nach 10 bis 11 Tagen reinem Wasserfasten um durchschnittlich 37/13 mmHg reduzieren. Hochdruckpatienten mit systolischen Werten über 180 mmHg, erzielten gar eine Reduktion von 60/17 mmHg.[21]

Diabetes und Heilfasten

32 Probanden, die an Diabetes Typ 2 litten, nahmen an einer Studie teil, die die Effekte von Fasten auf Parameter des metabolischen Syndroms untersuchte. Die Teilnehmer fasteten 7 Tage lang nach dem Buchinger-Prinzip und unterzogen sich vier Monate später einer Langzeitkontrolle. Im Ergebnis hatten die Personen durchschnittlich 3,5 kg Körpergewicht verloren und konnten insbesondere ihren Bauchumfang stärker reduzieren als die Kontrollgruppe, die 2 kg abnahm. Auch der Blutdruck verbesserte sich signifikant. Keine positiven Veränderungen zeigten jedoch der Insulinwert und der Langzeitblutzuckerwert HbA1.[22]

Das Fasten zumindest auf lange Sicht kaum Effekte auf Diabetes und Insulinresistenz ausübt, legt auch eine Studie nahe, die den HOMA-Index-Wert zur Beurteilung der Insulinresistenz untersucht. Nach einer Fastenkur gemäß Buchinger über eine Dauer von 7 bis 18 Tagen verbesserte sich der HOMA-Index zunächst bei 33 Prozent der 25 teilnehmenden Patienten. Bei einer Kontrolle nach 80 Tagen zeigten nur noch 15 Prozent der Teilnehmer verbesserte HOMA-Werte.[23]

Fasten und Darmgesundheit

Im Vergleich zwischen Personen, die an einer Fastenkur teilnahmen, und solchen, die einer hauptsächlich vegetarischen mediterranen Ernährung folgten, konnten Wissenschaftler keine Unterschiede in der Darmflora feststellen. Weder die bakterielle Zusammensetzung noch der sIgA-Wert, der die Immunbarrierefunktion des Darms abbildet, veränderten sich infolge der unterschiedlichen Ernährungsweisen.[24]

  1. Fasten lindert Reizdarm-Symptome
    Der heilsame Effekt von Fasten auf die durch das Reizdarmsyndrom ausgelösten körperlichen und seelischen Beschwerden wurden bereits in Einzelfällen[25] und kleineren Studien beschrieben. Bei der Gegenüberstellung von 36 fastenden Reizdarmpatienten mit 22 Patienten, die eine Kombination von Medikamenten und Psychotherapie erhielten, bewies die Fastenkur ihre Vorteile. Nach 15 Tagen Fasten und Nahrungsaufbau beschrieben die Teilnehmer signifikante Verbesserungen in 7 von 10 zentralen Symptombereichen: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Ängste und Einschränkungen des Alltagslebens. Die über 4 Wochen mit Medikamenten und Psychotherapie behandelte Gruppe empfand dagegen nur 3 von 10 Hauptsymptomen signifikant abgeschwächt: Bauchschmerzen, Blähungen und die Einschränkungen im alltäglichen Leben.[26]

Fasten in der Krebstherapie

Gemäß den Resultaten von Tierversuchen und Studien an menschlichen Probanden könnte eine Fastenkur die Ergebnisse einer Chemotherapie maßgeblich unterstützen. Beim Fasten reduzieren sich sowohl die Blutglukose als auch der insulinähnliche Wachstumsfaktor IGF-1 signifikant. IGF-1, das im Verdacht steht, Krebszellenwachstum zu fördern, vermindert sich bei einem 2- bis 5-tägigen Fasten um bis zu 75 Prozent. Eine Reduktionsdiät erzielt diesen Effekt erst nach Monaten und nur dann, wenn weniger Protein aufgenommen wird, als der Organismus benötigt.[27]

Untersuchungen an kleinen Gruppen von Chemotherapiepatienten stellten heraus, dass Fastenphasen vor und nach der chemotherapeutischen Behandlung unter Umständen Nebenwirkungen lindern können. Die Teilnehmer berichteten von weniger Beschwerden des Magen-Darm-Traktes und verringerter Müdigkeit und Schwächegefühlen, wenn sie sich im Umfeld der Chemotherapie einer Fastenkur unterzogen.[28] Dabei scheint das Fasten die gesunden Körperzellen gegen die toxischen Wirkungen der Chemotherapie zu schützen – nicht jedoch die Krebszellen.[29] Beobachtet wurde dieser Effekt in vitro an Hautkrebs- und Brustkrebszellstämmen sowie Zellen eines Glioms (einer Tumorart, die das Hirn und das zentrale Nervensystem befällt).[30]

Fasten und Stimmungsstörungen

Fasten und Stimmungsstörungen

Häufig wird der positive Effekt von Fasten auf depressive Störungen zitiert. Wenige Studien beschreiben eine Aufhellung der Stimmung, gesteigerte Wachsamkeit und eine beruhigende Wirkung insbesondere 2 bis 7 Tage nach einer Fastenphase.[31] In Einzelfallbeschreibungen wird die Wirksamkeit einer Fastenkur der kognitiven Verhaltenstherapie gegenübergestellt und als vielversprechende Therapiemethode für chronische Erschöpfungszustände bewertet.[32]

Fachleute geben zu bedenken, dass an dieser Stelle weitere Studien die langfristigen Wirkungen überprüfen müssen.

  1. Längeres Fasten verändert den Serotoninstoffwechsel
    Bei Ratten konnten Göttinger Wissenschaftler die Veränderung des Gehirnstoffwechsels durch eine längere Zeit der Kalorienrestriktion beobachten. Die Anzahl der Serotonintransporter in der Hirnrinde ging bei den Versuchstieren binnen 2 Wochen um ein Drittel zurück. Infolgedessen wird Serotonin langsamer aufgenommen und übt eine intensivere Wirkung auf das Gehirn aus. Laut Aussage der Neurobiologen ist dieser Effekt auch auf den Menschen übertragbar und erklärt die Glücksgefühle bei längeren Fastenphasen.[33]

 

Quellenangaben

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